Projektpräsentation vom Stiftungstag 2021: Neuvermessung der Weltwirtschaft

Prof. Dr. Thomas Straubhaar präsentierte am Stiftungstag im Oktober 2021 die Ergebnisse des geförderten Projekts Neuvermessung der Weltwirtschaft: Wie verändert die Digitalisierung die Messung der Wertschöpfung?

Der empirische Befund ist eindeutig: Für Deutschland zeigt sich langfristig ein deutlicher Rückgang des Wachstums der Totalen Faktorproduktivität. Lag das durchschnittliche jährliche Wachstum der TFP in den 1970er Jahren noch bei über zwei Prozent, erreicht es in den 1980er Jahren 1,5 Prozent, in den 1990er Jahren ein Prozent. Seit der Jahrhundertwende verharrt es bei etwas mehr als einem halben Prozent, was auch der Prognose für den Zeitraum bis 2024 entspricht.

Das verlangsamte TFP-Wachstum ist zunächst eine zwangsläufige Begleiterscheinung, die in Deutschland untrennbar mit den immensen Beschäftigungserfolgen der letzten fünfzehn Jahre einhergeht. Mit dem Zugang von weniger produktiven Erwerbspersonen in den Arbeitsmarkt dürfte die durchschnittliche Produktivität gesunken sein, was als „Kompositionseffekt“ bezeichnet wird.

Eine Verlangsamung der Produktivitätsentwicklung kann ebenso das Ergebnis einer strukturellen Verschiebung weg von hochproduktiven Wirtschaftsbereichen – wie dem Verarbeitenden Gewerbe – hin zu Bereichen mit geringerer Produktivität sein, wie sie in vielen Dienstleistungsbereichen zu verzeichnen ist. Somit kann nicht ein Produktivitätsparadox, sondern ein Dienstleistungsparadox für Deutschland charakteristisch sein.

Solange sich hierzulande die Wertschätzung für eine gute Qualität der Dienstleistungen nicht in entsprechender Bezahlung ausdrückt, solange also im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialwesen, bei öffentlichen Dienstleistungen oder in Kunst und Kultur die Löhne nicht stärker steigen, wird die Arbeitsproduktivität im Kriechgang oder überhaupt nicht vorankommen. Und wenn sich da nichts ändert, werden Roboter und Künstliche Intelligenz das scheinbare Produktivitätsparadox vergrößern und nicht verkleinern, da sie die Arbeitsproduktivität für wenige erhöhen, nicht jedoch für die Masse der Dienstleistenden.

Mit der strukturellen Transformation von der physischen Industrie- zur güterlosen Dienstleistungs- und nun zur digitalen Wissens- und Datenökonomie ändert sich das Wesen der Ökonomie fundamental.

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HIER geht es zum Online-Artikel “Der Rückgang des Produktivitätsfortschritts: Wo liegen die Ursachen?” (verfasst von Prof. Dr. Thomas Straubhaar, veröffentlicht auf inclusive-productivity.de).